Denkstudien
- Sylvie Bantle
- 21. März
- 21 Min. Lesezeit

Spatzengebet
Kann ein Tier beten? Ich hatte es bis heute nicht gewußt. Doch eben gerade habe
ich es mit meinen eigenen Augen gesehen…
In einer Woche ist auf unserem Kalender der Frühlingsanfang vermerkt: 20.März
2002, Frühlingsbeginn! Aber in Wirklichkeit ist schon heute Frühling, ein warmer
Morgen mit einer freundlichen Sonne und einem blauen Himmel. Kein Wölkchen
verdeckt das Blau der Ewigkeit.
Blau macht das Herz weit! denke ich und fühle es in der Brust. Gibt es eine andere
Farbe, die dies besser kann? Es hat wohl mit der Unendlichkeit zu tun, die sie ver-
körpert, ja verkörpert, denn wenn das Auge das Blau des Himmels sieht, öffnet
sich sein Herz. Und es ist tatsächlich so, nirgendwo auf der Erde kann der Mensch
weiter blicken als in den Himmel.
Ich muß an die alten Ägypter denken, die unentwegt zum Himmel blickten und be-
obachteten, was dort oben vor sich geht. Neugier und Ehrfurcht mag vielleicht ihr
Antrieb gewesen sein, denn sie erkannten etwas Übermächtiges dort oben, wo
dieses Blau so unbegrenzt erschien, wenn sie es am Tage betrachteten. Und in der
Nacht?
»…den Gesang der Planeten vernehmen…«
Dies denke ich alles so mit mir allein, weil draußen vor meinem sonnenbeschiene-
nen Fenster ein kleiner Spatz zwitschernd am Stamm der alten Linde hinauftrip-
pelt. Er könnte ja auch zur Baumkrone hinauf iegen, denn die Äste sind kahl. Aber
er geht zu Fuß am Stamm entlang! Von danz unten bis ganz oben! Und dabei zwit-
schert er so eifrig, daß ich es augenblicklich weiß: Dieser kleine Spatz betet! Er ruft
mit lauter Spatzenkehle die Geister des Baumes an, endlich aufzuwachen…
Hat die Wissenschaft nicht erwiesen, daß eine P anze bei Vogelgezwitscher und
auch bei Musik besser wächst?! Ein P anzenwesen scheint demnach glücklich zu
sein, wenn es eine Melodie hört oder Stimmen von lebendigen Wesen. Sein Wach-
sen drückt doch aus, daß es bekommt, was es braucht, um zu wachsen. Die Vögel
tragen dieses Wissen im Blut ohne es zu wissen. Sie tun einfach, was der Kreislauf
des Lebens braucht, sie sind ein Teil davon.
Wenn nach dem langen Winter die Sonne den Tag erwärmt, dann ist es Zeit für
den Spatz, sein Gebet zu singen. Und er zwitschert es jedem Ast zu: »Aufwachen!
Ihr schlafenden Knospen wacht auf! Die Sonne scheint warm vom Himmel! Wacht
auf!«
Das Leben des Spatzes hängt von der wiederbelebten Natur ab, sein Schnabel
weiß es, ohne es zu wissen. So ist er ein Glied des Kreislaufs von Leben und Tod
und tut seine P icht zur rechten Zeit.
Eines Nachts…
Eben fällt mir etwas wichtiges auf: Ich habe mich auf zwei Gleisen meinem Weg
genähert! Einmal auf dem Weg der persönlichen Weiterentwicklung und einmal auf
dem Weg des Schreibens.
Auf dem Weg der persönlichen Weiterentwicklung hat mir vor allem die Astrologie
den Sinn meines recht erfolglosen Schreibens gezeigt. Auf dem Weg des Schrei-
bens lernte ich Muster erkennen, des Menschseins am allermeisten. Indem ich mich
in die Gefühlswelt des Jungen, der einmal erster König von Ägypten sein sollte,
hinein versetzte, erkannte ich das Muster auch in meinem Leben, soviele tausend
Jahre voneinander entfernt… In mir löste diese Verbindung glückliche Gefühle aus.
Es ist die Verbindung, die ich suche! Sie über Raum und Zeit hinwegzusetzen und
überall den Menschen zu
nden, den Bruder, die Schwester, den Vater, die Mut-
ter… Seelenverwandte überall.
Schon 1988, am Ende eines Atemseminars, malte ich eine Säulenterrasse mit Blick
in einen dschungeligen sonnigen Garten, und wanderte dann mit meinem Stift in
Schlangenlinien zu den anderen hin, schaute sie mir an und umkreiste sie oder ging
in sie hinein, wenn sie mich willkommen hießen… je nachdem welche Stimmung
mich durch die Begegnung mit den Bildern der anderen emp ng…
Und plötzlich…
Und plötzlich sah ich meine Mutter! Es waren vielleicht die weichen und doch bau-
chigen Klänge, mit denen die iranischen Musiker den Raum füllten… vielleicht auch
meine Hingabe, die aber widerum von diesen weichen und doch bauchigen Klängen
verursacht wurde. So tief in meinem Innern, das allertiefste, das ich bei Bewußt-
sein wahrnehmen kann, fühlte ich Heimat… und da sah ich meine Mutter, nein, ich
spürte sie… Mutter!
Dort, war also meine Mutter! Wo sie war, war auch mein Vater, und meine ganze
große Familie. Ich sah sie alle, aber nicht mit meinem Augenlicht, sondern sie wa-
ren spürbar in meinem allertiefsten Innern, das sich mit meinen wachen Gefühlen
erreichen läßt…
Da war auch ein Dorf, grün und luftig und so gemütlich… und die musizierende
Gemeinschaft ließ süße Honigtropfen in meine Seele träufeln…
Was rede ich ? Aber, ich fühlte doch genau so!
Dieses miteinander Musizieren verband uns auf eine wunderbare menschliche Wei-
se. Da sangen Großmütter von einer ver ossenen Liebe ein Herz durchbohrendes
Lied, und gleichzeitig fühlte ich mich von ihrer allwissenden Stimme in ihren Armen
gewiegt… Ist dort die Urliebe, die all die Liebeszweige nährt? Dort in der Heimat in
den Armen der Mutter… deine Mutter! …meine Mutter… unser aller Mutter…
Wie liebe ich dich… wie wohlig warm in deiner Milch!
Ist dort der Quell, damit ein Mensch überhaupt lieben kann, von Bauchnabel zu
Bauchnabel… damit er im Fluß der Liebe schwimmt… im Fluß der Muttermilch…
Warum, du Mutter-Göttin, hast du Dich mir so lange entbehrt? Warum hast du die
Nabelschnur einfach durchtrennt, ohne Deine Milch in mich zu ößen? Warum hast
Du mich allein gelassen? …ohne Dich…
Jetzt weiß ich, wie sehr ich irrte… wie sehr…
Jetzt, da die weichen und doch bauchigen Klänge der iranischen Musiker auch mei-
nen Bauch füllen… und die herbe Stimme der Sängerin durchdringt mein ganzes
Ohr…
»…denn die Liebe hat keine Gestalt! Wenn du die Form suchst, dann suchst du nur
den äußeren Schein.« so lauteten die letzten Zeilen des iranischen Liebesliedes.
…denn die Liebe hat keine Gestalt! Wenn du die Form suchst, dann suchst du nur
den äußeren Schein…
…seltsam, von allen Stücken wurde dieser Text über die Liebe vor dem Konzert in
deutscher Übersetzung laut vorgelesen…
Ich weiß nicht, wann dieses Lied gesungen wurde, die Sängerin und ihre Musiker
spielten ohne Unterbrechung über eine Stunde durch. Da gab es kein Entrinnen mit
blödem Geklatsche, nein, über eine Stunde lang Zuhören, nur Zuhören… Da saß je-
der im Bann der rhythmischen Klänge regungslos in den Kissen, viele Augen ge-
schlossen, manche Beine ausgestreckt, liegend…
Genauso ist es in meinem Heimatdorf! So wichtig wie essen und trinken und schla-
fen ist es, zusammen zu musizieren… die einen singen, die anderen zupfen ein
Saiteninstrument, trommeln wie junge Götter… und dann ein Blick von einem zum
andern, ein leichtes Nicken mit einem so unmerkbaren, ergebenen Lächeln, voller
Kraft der Verbundenheit und stiller Freude, weil mit jedem Klang, den die eigenen
Hände schaffen, Heimat in den Bauch kommt, dorthin, wo die Seele schläft…
…Dort, wo die Seele schläft…
Wo die Seele schläft! Dort nde ich Mutter, meine Mutter. Der Ort läßt sich nicht in
irdische Bilder packen. Wenn ich zu ihm hin blicke, wird er sichtbar, doch sobald ich
das, was ich dort sehe, hierher in die gegenständliche Welt bringen will, gehen die
schönen Bilder unterwegs verloren… Die schönsten Bilder lassen sich nur fühlen!
Gibt es sie etwa nicht?!
Manchmal geht es mir mit Träumen so. Wenn ich gleich nach dem Aufwachen wie-
der die Augen schließe, dann sehe ich alles genau, doch öffne ich sie, damit ich
das Gesehene niederschreiben kann, dann ist die Sicht in die Erinnerung wie weg-
geblasen, nur das Fühlen bleibt zurück… heftig und mächtig. Machmal möchte ich
aus der Haut fahren. Daß ich Es so deutlich spüren kann, Es aber nicht in meinen
Mund bekomme, geschweige denn auf das Papier.
…dort, wo die Seele schläft! Dort fühle ich sie, meine Mutter. So ganz anders sieht
sie aus, als die, die ich kannte. In Amerika ist sie eine Indianerin, in Europa vom
Stamm der Zigeuner… in Indien ist sie Amaji.
Amaji ist die einzige, die ich wirklich kenne, sie ist meine Schwiegermutter, die
leibt und lebt…
Was für ein Glücksgefühl! Bei meiner Mutter auf dem Schoß zu sitzen! Mit lauter
Zigeunerstimme singt sie in mein Ohr. Sie singt nicht nur für mich allein, Musiker
reihen sich um sie, Tänzerinnen… meine Mutter singt voller Kraft.
Es wackelt heftig auf ihrem Schoß, sie hat eine lebhafte Stimme. Ihre klatschenden
Hände schlagen den Rhythmus und manchmal auch die Füße… durchgeschüttelt in
Trançe bin ich doch nicht benommen, wach bin ich, ja wach wie nie zuvor! Denn ich
sitze auf dem Schoß meiner Mutter! Alles ist sie, für mich. Was hätte sie nicht für
mich getan?
Wenn sie singt, schaut sie mich nicht an, weil sie nicht singen und mich dabei an-
schauen kann. Das ist ganz einfach. Und sonst, wenn sie nicht singt und mich an-
schauen kann, dann niemals mit diesem zimperlichen Mutterblick der Neuen Zeit!
Nein, sie blickt mich an wie… mir fehlen die Worte. Sie ist stark und zornig, so
mächtig und schwach, kennt jeden Schmerz und jede Freude, es gibt keine ihres-
gleichen, meine wunderschöne, zähe Mutter… Ich spüre sie mit jedem rhythmi-
schen Klang in meiner Seele, wo sie für alle singt… auch für mich!
…meine wunderschöne, zähe Mutter. Dir will ich nacheifern. Du bist mein Vorbild!
Ja… eines Tages Dir ebenbürdig sein!
Und dann, wenn ein mutterloses Kind eines Tages auf meinem Schoß sitzt, werde
ich es erkennen… mein Kind! Mein Kind… ihm die Liebe meiner großen Mutter wei-
tergeben, die Mutterliebe, die die Liebe der Großen Göttin ist und durch mich hin-
durch ießt wie warmer Wind… mein Kind…
Dank dir Mutter, Große, Alte, Weise… Göttin aller Frauen.
…mit sechzig werde ich diesen Ort erreichen, so tröste ich mich…
Mit sechzig werde ich Mutter sein! Ja, eine richtige Mutter, die Mutter der Men-
schen, die alles gibt, was sie zu geben hat, und alles nimmt, was sie zum Leben
benötigt…
Dann… Wird dann mein Leben erfüllt sein? …erst dann…?
Ewige Liebe…
Es war einmal ein junges Paar, das verbrachte traumhafte Flitterwochen in einem
exotischen Land. Dort traf es am Palmenstrand eine alte Zigeunerin, die Muscheln
fand. Sie schauten ihr zu und gerieten in eine kleine nette Unterhaltung. Dabei er-
fuhren sie ein wenig von einander. Daß das junge Paar gerade frisch verheiratet
und die alte Zigeunerin eine Seherin war.
»Kennst du auch Zaubersprüche?« fragte der Mann verlegen.
»Wenn ich mich erinnern will…« antwortete die Alte mit verwegenem Blick. Plötz-
lich lachte sie auf und die Fäuste in ihre dicken Hüften gestemmt, meinte sie:
»Ihr habt euch also die ewige Treue geschworen?!«
Das junge Paar lächelte, verwirrt und selig.
»Die ewige Liebe…« fügte die Alte mit einem Zwinkern hinzu. Und das Paar nickte
eifrig »Ja!«.
Die Alte musterte die beiden und sagte dann:
»Ich hätte da einen Zauber für dich, junger Mann! Solange ihr euch liebt, sollt ihr
leben!«
Das Leuchten in den Augen des jungen Paares erstarrte. Die Alte sprach weiter,
ihre Stimme hatte einen herausfordernden Klang.
»Liebt ihr euch nicht mehr, müßt ihr sterben… beide!«
Stille. Das junge Paar war von der Wucht erschlagen. Glück und ein Element der
Angst schlugen gemeinsam auf sie ein.
»Nun, ihr zwei Turteltäubchen, wie ewig ist eure Liebe?«
Da das junge Paar kein Wort hervorbrachte und in liebkosender Umarmung gefror,
lachte die Alte auf, schüttelte lachend den Kopf, drehte sich lachend um und ging
lachend davon.
Langsam nur trug der Wind ihr Lachen fort. Dann legte sich ein Schleier der Stille
über sie. Stille. Nur Stille und sie beide…
Wie geht so eine Geschichte aus? Und was wäre glimp ich?
Wird es das Paar schaffen und ewig leben? Oder wird es irgendwann nach langer
Zeit dann doch aufhören zu lieben? Vielleicht sterben sie kurz hintereinander oder
aber sie besinnen sich so schnell, daß sie doch weiterleben…
Bestimmt werden sie früher oder später in der Liebe träge und faul sein, aber ein
Happy-End wäre es dennoch, wenn sie gemeinsam sterbend sich in den Armen lie-
gen und sich mit neuer Liebe ent ammen…
…Es ist jetzt fast bald vier Uhr morgens und ich mache mir darüber Gedanken…
30.12.2002, 3.40 Uhr.
Gespräche mit der Mutter
»Was mache ich falsch, Mutter?« fragt sie in die Stille. Sie ist fremd hier, und doch
ist es ihr Zuhause. Sie schaudert.
Die Stille ist durchtränkt von indianischen Klängen aus der Ferne. Alte Klänge,
denkt sie. Das alles haben wir verloren!
Traurigkeit weht in die Ferne, reitet auf dem Rücken der Gesänge und
iegt mit
ihnen fort, so weit, daß sie davon nichts mehr sieht, nur ihre Sehnsucht zeigt es
ihr. Und hier, ja genau hier wartet der andere Teil der Traurigkeit auf Erfüllung…
Sie schweigt.
Sie schweigt mit der Stille.
Stille, trotz der fernen Klänge. Die Traurigkeit ist hier und dort, auch bei den alten
Indianern! Was haben wir alle falsch gemacht?
»Was haben wir alle falsch gemacht?« ruft sie in die Ferne, in alle vier Himmelsrich-
tungen hin, »Scheitern hier die Götter an ihren Kreaturen?
Eine Indianerin singt mit wehmutsvoller Stimme. Auch in ihr Traurigkeit und Sehn-
sucht? Warum? Ist sie denn nicht dort, wohin ich mich wünsche? Soviel Traurigkeit
iegt aus ihrem Mund, beladen mit Sehnsucht…
Sie denkt und grübelt, versteht das nicht, hatte geglaubt, die alten Indianer seien
glücklich gewesen.
»Mutter! Warum antwortest du nicht?« Sie ruft mit lauter Stimme, doch diesmal
nicht in die vier Himmelsrichtungen, sondern nur nach innen.
»Siehst du,« spricht Mutters Stimme in ihr Herz, »jetzt weißt du immerhin, wo du
mich ndest.«
Sie hatte die Stimme gehört, wartet mit aufgeregtem Herzen. Sie lauscht. Stille,
durchreitet von indianischen Klängen. Sie sind fröhlich jetzt, der Rhythmus stimmt
heiter. Sie reitet ihnen hinterher, gallopiert an ihrer Seite. Die Sonne brennt von
der blauen Unendlichkeit. Alte Indianer johlen über die Steppe, dann sprechen sie
zum Sand und zu den Steinen, zu den Bergen und zum Himmel, sie rufen die Ah-
nen. Es antworten keine Stimmen, aber das Licht in den Klängen…
Da bleibt sie stehen und läßt sie gehen. Sie sucht nach der Mutter, die will sie n-
den! Die Indianer reiten zum Horizont. Sie hört noch lange ihren Schritt in der Fer-
ne und die Stimmen der alten Männer über die Steppe wehen. Dann schlägt der
Trommler ein letztes Mal und überläßt sie der Stille…
Die Sonne geht unter, der Mond geht auf. Prallvoll steigt er über den Osten. Die
Indianer verschwanden mit der Sonne im Westen in eine andere Welt.
Sie blieb zurück, allein in der Mitte von Ost und West. Dort steht sie und wartet.
Verlassenheit ist alles, was sie sieht und spürt in ihrem Innern. Verlassenheit innen
und außen…
Bald hört sie Singen und sieht bei den runden Felsen Frauen und Männer. Sie tan-
zen neben einem großen alten Baum.
Ein großer Stein sieht aus wie eine Bank, dort setzt sie sich hin, ruht ein wenig aus
von der Einsamkeit und schaut den Tanzenden aus einiger Entfernung zu. Plötzlich
bemerkt sie eine alte Indianerin neben sich. Eine zierliche Gestalt, hager, aus Haut
und Knochen, ein Gesicht voller Runzeln und Falten spricht von Tod und Leben, sie
lächelt.
Die Fremde im Indianerland fragt nicht, wer sie ist. Die Antwort verrät die Greisin in
ihrem Blick. Sie ist die Mutter! Lange verweilen die Blicke von Augen zu Augen. Da
legt die alte Indianerin den Kopf leicht zur Seite, mustert die fremde Frau, die von
so weit her gekommen ist, um mit ihr, der Mutter der Indianerinnen, zu sprechen.
Sie atmet tief, wieder und wieder, dann spricht eine sanfte Stimme:
»Mein Kind, du schleppst eine böse Erinnerung mit dir, einen ungesehenen Dämon,
der noch nicht dein Freund ist…«
Die Fremde erschrickt. Was die Greisin da sagt, glaubt sie nicht und doch antwor-
ten laute Stimmen aus ihrem Mund:
»Immer noch ein Dämon in mir?! Hatte ich mich nicht bereits allen gestellt?«
»Es ist nicht so ungewöhnlich, in deinem Alter und trotz deiner Mühen einen ver-
steckten Dämon in sich zu entdecken. Es sind nie alle zu
nden, viele bleiben für
immer stumm, verstecken sich gut…«
Die Greisin hält inne, die Fremde lauscht in die Ferne. Dort spricht eine Indianerin
traurige Worte in die Steppe, mit brechender Stimme. Grillenzirpen, Klänge von
tanzenden Füßen auf gestampfter Erde und trommelnden Händen, eine männliche
Stimme singt traurig ein Lied in die nächtliche Welt, antwortet der Indianerin mit
den traurigen Worten aus der Ferne. Auch er leidet. Warum? Warum sind sie alle
so traurig?
Die Greisin lächelt, wissend und weise… Sie kennt die Menschen in ihrem Stamm.
Die Fremde hört die Indianer singen, sie rufen in die mondbeleuchtete Nacht, rufen
die Geister und auch die Dämonen. Sie sind draußen und drinnen! Die Fremde fühlt
wunderliche Verschmelzung, Lebensgeister vom wilden Rhythmus in sie hineinge-
stampft. In ganzen Kompanien stürzen sie sich über die versteckten Dämonen her,
reißen ihnen Stück für Stück die Masken weg. Hier! Und da! Überall nackte Dämo-
nen, rennen jetzt ganz verstört hin und her.
Seltsam, denkt sie auf einmal ohne Grund, heute trägt kaum mehr ein Künstler auf
der Bühne vor, was das Herz berührt… weil es nicht aus seinem Innern kommt…
Ja, genau so ist es! Und ich weiß auch, warum: Es macht Angst, wenn es tief hinein
geht! Und wirklich nah an einen hin. Wieviele Dämonen und Höllen dort drinnen und
drunten sind?
»Siehst du, meine Tochter,« sagt die alte Indianerin und holt sie aus den Gedanken
zurück, »jetzt weißt du es!«
Die Fremde schaut sie entgeistert an. Sie weiß nicht, daß sie etwas weiß, ihr Kopf
ist leer.
»Das ist es ja gerade,« fährt die Alte zittrig fort, »du suchst im Kopf und nicht in
deinem Bauch!«
Sie ist sehr freundlich. Die Fremde ist zutiefst verwirrt. Im Bauch suchen? Wie
kann sie dort graben?
»Lausche den alten Liedern, die die Indianer singen! Selbst die Jungen haben schon
viel vergessen…« so redet die Greisin weiter, »…schweige die nächsten drei Tage,
sprich höchstens das Allernötigste und lausche in die Stille draußen und drinnen.
Wenn du den Trommlern folgst, siehst du die Bilder in deinem Innern, die dir die
Richtigung weisen. Dort kannst du dem Dämon geradewegs in die Augen blicken
und wirst es aushalten, wenn du nicht fortrennst… Dort begegnet dir der nicht er-
innerte Schmerz. Hinter deinem Gedächtnis vergraben, hatten ihn die Dämonen
geholt, weil du dein Wissen nicht genützt hast, ihn zu beschützen… So geht das
immer! Ein besonders großer Schmerz ist besonders hartnäckig…«
Die alte Indianerin seufzt und lacht dann:
»So reden wir mit Menschen, die nicht mehr miteinander reden!«
Die Fremde ist verblüfft. Woher weiß die alte Indianerin…? Sie hatte ihr doch noch
gar nicht gesagt, was sie plagt!
»Du hast mich gerufen und gefragt, was du falsch machst!« antwortet die Alte
Mutter, »Höre, Tochter, wie dieser Indianer singt. Er ist ohne Alter. Fühlst du es?«
Sie hebt ihr vielgelebtes Gesicht, nur ein wenig, als rückte sie der Ferne etwas nä-
her, und üstert:
»In den alten Stimmen
ndest du, was des Menschen Würde ist… dann weißt du
auch, was recht ist, und deinem wahren Wohl gesonnen.«
Die Fremde ist aus der Ferne heimgekehrt. Hier beginnt ein neues Leben. Niemand
bemerkt es. Aber sie weiß, was geschehen ist. Sie wird es niemandem erzählen,
denn sie soll ja drei Tage schweigen. Und in drei Tagen gibt es wieder Neue The-
men…
Als sie mit siebzig Jahren ein paar Freunde um sich schart und immer noch hier ist,
wo sie doch längst nicht mehr sein wollte, hält sie den ersten Trunkspruch ihres
Lebens:
»Was wollte ich in weite Fernen
iegen, auf und davon im Gepäck die große Hoff-
nung, irgendetwas würde sich durch Entfernung bessern! Es mag kitschig und pa-
thetisch klingen, was Wahrheit bisweilen so an sich hat, doch heute weiß ich, war-
um ich hier geblieben bin!«
15.März 2003, 3.36 Uhr morgens nach einem traurigen Abend. Es war eine
schwierige Woche gewesen, vielleicht ist es das falsche homöopathische Mittel für
Alexander. Oder noch nicht das richtige? Denn eine Krise muß man re ektieren
können, sonst wird alles nur ärger. Dann muß mein Liebster halt mit seinem Gan-
glion leben, wenn er es nicht loswerden will. Hauptsache wir kommen wieder in
Kontakt und können wieder miteinander reden…
Wie die Blumenzüchter…
»Aber man kann doch nicht ewig beim Alten bleiben!«
Nein bestimmt nicht, Leben ist Wandel, aber auch Wachstum.
Ein Blumenzüchter geht ja auch nicht so vor, daß er bei seiner Arbeit ignorieren
würde, was gut und was schlecht an einer P anze ist. Er würde doch die schönste
und gesündeste heraus suchen, um mit den besten Attributen seine Zucht zu ver-
bessern.
So könnte auch im Großen verfahren werden. Lesen wir in der Vergangenheit, um
gut und schlecht herauszu ltern!
Gut ist ganz einfach zu de nieren: Das, was der Menschheit und jedem Einzelnen
zum Wohle dient!
Eine böse Geschichte…(Kategorie Philosophie und Wahnsinn)
Weltvorbereitungsabschlusskurs
Der Meister spricht lange, bevor er die ungeborenen Rebellen auf die Erde entlässt.
Hölle des Verdrängens! hat da jemand geschrieben. Wir fragen nicht, wer es war
und wo es stand, es spielt keine Rolle. Wichtig ist nur das Contentium!
Meditieren wir gemeinsam: Hölle des Verdrängens…?
Was ist damit gemeint? Was will gesagt sein? Was spricht aus diesen mächtigen
Worten gemeinsam auf so kleinem Raum?
Hölle des Verdrängens…
Ein erster Impuls, der sich weder vorstellt noch bekennt, drängt zum sofortigen
Korrektieren: Hölle ODER Verdrängen!
Der Impuls sagt frech: Beides zusammen ist unmöglich zu praktizieren!
Ich stimme sofort zu. Vielleicht irre ich? Vielleicht irrt der Impuls?
Wenn also das Verdrängen die Hölle sei, so wird sie jedenfalls als solche nicht
wahrgenommen - wegen der Verdrängung! Diese in einen dunklen Raum gesperrt
hat keinen Kontakt nach draußen, keine Verbindung zu den denkenden Zellen…
Ist es nicht so, dass die Verdrängung ja eben gerade dazu dient, der Hölle davon-
zurennen? Und klagen nicht genau jene, die sich gegen das Verdrängen wehren -
sei es aus Unfähigkeit oder Weitblick - dass sie sich in einer Hölle befänden?!
Freilich, die Verdrängungskünstler lachen über Höllen und so weiter, sind über sie
erhaben, weil ihr entkommen - vermeintlich…
Ich stelle mir den Fluchtversuch vor. Und sehe, wie sich der Wahnsinn nun von un-
ten her anschleicht! Zuerst erreicht er die Füße, die dann schneller laufen, dann
das Gebein und Gedärm, wo es noch mehr rumpelt und gärt, dabei Übelkeit und
Hunger gleichzeitig und vor allem Schmerzen vermehrt… ( üsternd) das Ver-
drängte ist nicht verdaulich!
Wie geht es weiter mit der Wahnsinn‘s Reise nach oben? Bei der Brust angelangt,
Sitz von Lunge und Herz, will Kurzatmigkeit die Katastrophe instinktiv nach unten
drücken… und da ist es schon passiert. Die Angst hat sich schnell herumgespro-
chen, ist bis in die Arme gekrochen, wo die Fäuste schon das Ballen exerzieren…
und die Blutumwälzungsanlage, in blanke Panik getrieben, drückt wildes Pochen in
Hals und Kehle, wo die Stimme wie eine Bombe explodiert und laut nach außen
knallt… Egal, wer den Krach zu hören bekommt, den Auswurf des Verdrängten,
irgendwer, ein anderer muss es sein… ist doch logisch, das Verdrängte kann ohne
Projektionsober äche nicht existieren.
Die Wahnsinn‘s Tour ist damit lange nicht zu Ende. Nachdem Herz und Mund und
Hirn in ziert, geht es auf horizontaler Ebene weiter… nach links und rechts getre-
ten, egal, wer dort steht - der Projektionsober ächen gibt es viele.
Vielleicht ist dieser Trip als Hölle des Verdrängens gemeint? Der es gesagt hat, ist
uns entwischt, mit dem Wahnsinn davon geritten und entkommt so der Hölle -
dennoch nicht. Meist kehrt ein Wahnsinn‘s Reiter nicht mehr zurück, außer… es
geschieht ein…
Ach, wer glaubt schon an Wunder?!
Am Wegesrand bleiben Verwundete zurück und jedesmal trifft es den Reiter
selbst, aber er merkt es nicht. Es sind nicht wenige, die vom Wahnsinn geritten
vor der Hölle iehen, aber wenige, die durch diese Hölle gehen und sie sehen…
Deshalb, meine lieben Auserwählten, bevor ich Euch in diese Welt Erde entlasse,
denkt daran: Sie ist die Hölle, weil dort Menschen sind! Und dies Kunststück gilt zu
vollbringen, in ihr und mit ihren Kreationen zu leben und gleichzeitg zu lachen.
Bleibt nur noch die Frage zu klären: Wie mit denen reden, die eine Hölle vedrängen
und meinen sie täten es nicht? Die durch die Hölle reiten und es nicht wissen? Dies
herauszu nden ist Euch zur Aufgabe gestellt.
So, nun macht Eure Erfahrungen selbst, seid schön freundlich zu den Menschen
und meidet - soweit es möglich ist - diese Höllenreiter, die lieber blind als sehend
sich durch das Leben schmeißen. Wenn Ihr nicht mehr weiter wisst, wendet Euch
an diejenigen, die die Hölle sehen und ertragen können, und dann sagt Euer
Sprüchlein auf:
»Verzeihen Sie, Ich bin fremd auf diesem Planeten, kann mir jemand dies alles er-
klären?«
Niemand-Land!
Deutschland ist krank.
Deutschland ist schon lange krank und hat es nicht gemerkt.
Als vor 60, 70 Jahren hier die schrecklichen Dinge geschahen, hat es mit dieser
Krankheit angefangen. Ein Trauma hat jeden gezeichnet, sich jedem einverleibt, ir-
gendwie – dann ist es auf die Kinder und Kindeskinder übergegangen…
Und keiner hat es gemerkt!
Ja.
Keiner wollte es merken.
Ja…
So ist es mir ergangen, ich habe nicht einmal gemerkt, dass ich es nicht gemerkt
habe… Ich dachte, was hat das mit mir zu tun, bin ja erst 10 Jahre nach dem Schre-
cken geboren! Dachte, soll ich mich etwa schuldig fühlen, weil meine spießigen El-
tern in jener Zeit aufgewachsen sind, waren ja selbst noch Kinder. Die Hitlerjugend
fanden sie ganz normal. Da waren doch alle dabei!
Nein, geredet haben wir darüber nicht viel. Und dann auf keinen Fall so, wie es
mich befriedigt hätte. Niemanden traf ich, der damit irgendetwas zu tun hatte!
Niemanden! Weder Großeltern noch Eltern noch Tanten, Onkel. Ich traf nur arme
unschuldige Opfer!
Okey, unter den ganz Bösen war sicherlich keiner aus meiner Sippschaft, alle
waren arm. Und selbst als ich bereits auf dieser Erde herumkrabbelte, musste im-
mer jeder Pfennig zusammengekratzt werden, viele andere hatten viel mehr.
Anyway, nicht vom Thema abtriften! Trauma! Schlafendes Trauma! Ein ganzes
Land hat nichts gemerkt, nichts damit zu tun, was in diesem Land geschah! Eine
ganze Nation will vergessen – und kann es nicht. Die gesamte Bevölkerung fühlt
sich nicht betroffen…
Dann habe ich gesehen, wie das geht. Die alltägliche Gewalt – man nannte dies
‘Erziehung‘ – hat niemanden gestört außer die Opfer, meist Kinder. Der Opa hatte
den Vater geschlagen, als er noch ein Junge war, während Oma stumm litt, dann
schlug der Vater sein Kind, während die Mutter stumm litt, war der Vater bei der
Arbeit, schlug die Mutter das Kind, war die Mutter beim Einkaufen, schlug das
Kind das juüngere Geschwisterchen… Niemand hate protestiert, niemand hat sich
aufgelehnt und laut gesprochen: So geht das nicht! Niemand… Nicht in meiner
Sippe, dort sind sie alle unschuldig.
Die Schizophrenie dämmerte mir erst viel viel später: ich, das Kind der Un-
schuldigen, wurde von ihnen mit Gewalt und Grausamkeit gezeichnet! Und bitte
bedenken Sie, wer mich jetzt hört: alles mit dem Segen des Papstes!
Diejenigen, die politisch ganz oben stehen und die Gelder über Kultur und
Kunst verwalten, die Bereiche, die seelisch verdauen helfen, vermeiden jeden Blick
zurück und sagen: Sowas brauchen wir nicht!
Und kaum passiert ein Atom von dem, was einmal im Großen hier geschah,
schreit die ganze Welt laut auf und deutet auf uns. Ich habe mich immer gefragt,
warum?
Das Trauma hat sich über den ganzen Erdball gestülpt. Natürlich, so viele konn-
ten iehen, mussten; und wie viele haben sich im Ausland trotz der Rettung dann
doch selbst getötet!
Sie rufen uns. Sie lassen uns nicht vergessen…
Was denke ich da?
Als ich groß genug war, bin ich selbst ge ohen, vor Vater,. Mutter, diesem
schrecklichen Deutschland. Jahrzehnte reiste ich um die Welt, dort in der Fremde
von den Ahnungslosen bewundert und beneidet für mein reiches, tolles Land. Ich
suchte die verstecktesten Winkel, wo kein anderer Fremder und bloß kein Deut-
scher, die Einheimischen noch einfach und gesund sich ihres Daseins erfreuen.
Dort, an der Wurzel der Menschheit fühlte ich mich wohl.
Alte Meister traf ich da, die noch Weisheit mit ihrem Munde formten, Weitsicht,
Liebe für Kultur und Menschen… So etwas kannte ich nicht. Ich sah das Ahnen-
verneigungsfest am Meer. Ich sah Beschwörer mit unglücklichen Ahnen kommuni-
zieren und heraus nden, wie ihnen ewigen Frieden schenken…
Gänsehaut.
Was geht hier vor? Welche Kräfte holen mich aus der Welt zurück, heim in mein
klägliches Land… Ja, überall in der Ferne schämte ich mich meiner Nation?
Dabei gibt es doch so vieles, worauf man stolz: Schiller, Goethe…
Wenn die wüssten, was nach ihnen geschah.
2500 selbstständig Denkende vertrieben! Aus dem Land gejagt wie Verbrecher.
Ach, das ist doch so lange her!
Bohr nicht in den alten Wunden! hat mein Vater gesagt und mir vorgeworfen,
weil ich das Gras, das über alles wächst, nicht akzeptiere.
Ich bin um die ganze Welt gelaufen, fort von solchen Verdrängungs-Moden, und
weil die Erde rund, am Ende wieder zu Hause, in Deutschland angelangt.
Die gesamte Nation hat geschwiegen und gewartet, bis das Gras endlich hoch
genug… Doch kaum war es drüber gewachsen, kamen die Dämonen…
Jaja, lacht nur ihr modernen Menschen. Haha, Dämonen bei uns! Dann bitte
schön, man erkläre mir, warum dann sprießen so viele Psychiater aus dem Boden?
Schon wieder Gänsehaut.
Was geht hier vor? Drei Wochen nach dem Tod eines geliebten Menschen in der
Fremde, ein alter Meister, Tänzer und Heiler, der letzte Schamane… Drei Wochen
nach seinem unerwarteten Tod, ich erfuhr erst einen Monat später davon… drei
Wochen danach also, sitze ich mit fremden Menschen in Deutschland zusammen,
um einen Verein zu gründen, um alte Bücher zu retten…
Von dieser Vereinsgründung erfuhr ich nur kurz zuvor – welche Instanz mich
dazu bewegt hat mitzumachen ist mir kurios. Ich hatte immer anderes, wichtigeres
zu tun, als mich um die vielen vergessenen Namen der Autoren jener verbrannten
Bücher zu kümmern. Und warum ich? Es interessierte mich nicht, sah viel mehr
Menschen wie Großeltern und Eltern – was können die mir schon erzählen! Den
Mistbock, den die gebaut! Und außerdem: Das ist doch so lange her und heute ist
heute! dachte ich, wer nicht?
Bisweilen hörte ich von Lesungen hier und da, doch bin ich nie hingegangen –
alles war immer schwarz umrandet, in grauen Farben, düster und traurig wie die
Ankündigung einer Toten- und Trauerfeier.
Dann, drei Wochen nach dem Tod des letzten Schmanen in der Fremde, wurde
alles anders. Ich traf den alten Mann, dessen Bücher wir retten wollten und ent-
deckte das große Brandloch, das jene schreckliche Zeit. vor der wir alle immer noch
weglaufen, hinterlassen hat… Ich fand Kollegen und Freunde, obwohl schon alle
tot, so frech, so klug, so kämpferisch für Lebendigkeit… Was haben sie gegeben!
Heute weiß ich, was uns noch plagt, es sind all jene vergessenen guten Geister,
denen wir nicht gedacht, die viel zu früh aus dem Leben geschieden und noch heu-
te heimatlos herumgetrieben…
Wagen wir eine Ahnenbeschwörung, fragen wir, Ihr alten Seelen, was wollt Ihr,
was braucht ihr für euren Seelenfrieden, was können wir heute tun?
Manchmal schon haben sie mit mir gesprochen… Sie wollen keine Totenfeiern,
sie wollen, dass wir mit ihnen reden, auch lachen, wenn es was zu lachen gibt, sie
wollen, dass wir ihren Texten lauschen und mit ihnen diskutieren… lebendigsein
wollen sie durch ihre Worte und Werke, erinnertsein, was sie taten, was sie fühlten,
was sie niederschrieben…
2002
Tanz: …ich will mich in den Raum schreiben!
…der Welt zum Ausdruck geben!
…mich in Dialog schwingen mit ihr.
So muß ich fühlen, was ich sehe…
meinen, was ich tue,
und sagen, was ich denke,
dann erst kann ich bereit sein,
mein Wort zu halten.
»…der ausgeprägte Sinn für Verlust,
die Sehnsucht nach dem Verlorenen…«
Nietzsche in Venedig
Chile 7000 Jahre alt – vor 45000 Jahre Bestattung
Sehnsucht nach Ewigkeit. Das Sehen, nicht der Glaube.
Pasolini:
»Warum ein Werk zu realisieren? Wenn es so schön ist, es allein zu träumen?«
…rassenlos und ungeprägt, Kinder des Universums!
Shiva-Geschichte
(die 5 Shiva-Prinzipien: erschaffen, erhalten, zerstören, verschleiern, erlösen)
Künstlerinnen
»geistig zurückgeblieben«
Re ektion - direkte Berichterstattung anstatt ‘Künsteln‘ - Kunst der Alten Zeit!
altägyptische Medizin gegen Parasiten und Bandwurm:
Aufguß der Dum-Palme, Rinde des Granatapfels - Heilp anzen der Ägypter
Glücklich durch die Nähe zu Gott, furchtlos und immer in Schwierigkeiten…
2003
…authentische Konsequenz!
(Auszug aus Brief an Annette, Okt.00)
Was gibt es noch? Gerade verwandelt sich der Hochnebel in Nie-
selregen und überzieht alles, was eine Fläche hat, mit bestechend
grauem Glanz…
Es sind jene heimtückischen Momente des Herbstes, die einem so
unverblümt vermitteln, wie weit weg Sonne und Wärme und wie
sehr wir an das Hier und Jetzt gebunden sind… Und genau darin
liegt das Betörende verborgen, indem das Schweigen geübt wird,
das Sterben… so bereitet sich das Leben auf ein neues vor…
(Auszug aus Brief an Annette, 13.11.00)
…daß ich nicht zu den Horizonten blicken kann, fehlt mir immer
mehr… ich kann mir nur anhand des kleinen Ausschnitts des Him-
mels vorstellen, wie es dort zugehen mag…
So ernährt sich die Sehnsucht, bis ein neuer Traum verwirklicht
ist.
(nur ein Gedanke…)
Die Tage verrinnen wie Sand zwischen meinen Fingern… gern
würde ich, wenn ich könnte, den Morgen mit einem P ock in die
Erde rammen, damit er nicht so schnell davon eilt. Denn ist es
erst einmal Nachmittag, dann gibt es kein Aufhalten mehr, dann
geht der Tag in Sekundenschnelle zur Neige… (dann rennt der
Tag in Sekundenschnelle zum Abend)
Lyrik
Was gibt es noch zu berichten? Es ist Herbst…
Gerade verwandelt sich der Hochnebel in Nieselregen
und überzieht alles, was eine Fläche hat,
mit einem bestechend grauen Glänzen…
Heimtückische Momente des Herbstes,
die so unverblümt vermitteln,
wie weit weg Sonne und Wärme,
wie sehr wir an das Hier und Jetzt gebunden sind…
Und genau darin liegt Betörendes verborgen,
indem das Schweigen übt, das Sterben…
bereitet sich das Leben auf ein neues vor…
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